Die traditionelle Wirtshauskultur in Bayern ist zunehmend in Gefahr. Auch im Landkreis Fürth schließen immer mehr traditionelle Wirtshäuser. Der gesellschaftliche Mittelpunkt vieler Ortschaften verschwindet dadurch und somit auch die regionale Wirtshauskultur als wichtiges gesellschaftliches Erbe. Diese Entwicklung möchte die Lokale Aktionsgruppe (LAG) von LEADER genauer beleuchten, aber auch Lösungen erarbeiten, um diesem Trend entgegenzutreten. Bei einem Workshop mit Teilnehmern aus dem Gastgewerbe und der Kommunalpolitik ging es daher um den „Erhalt der Fränkischen Wirtshauskultur“. Unterstützt wird das Ansinnen vom EU-Fördertopf LEADER.

“Bereits im Rahmen des Strategieprozesses zur LEADER Region Landkreis Fürth e.V. wurde die regionale Wirtshauskultur als sehr wichtiges Thema benannt”, betonte Landrat Matthias Dießl. Der gleiche Impuls wurde in den Entwicklungskonzepten der kommunalen Allianzen des Landkreises gesetzt. “Auf dieser Grundlage soll nun ein gemeinsames Konzept zum Erhalt der fränkischen Wirtshauskultur im Landkreis Fürth erarbeitet werden”, erläuterte Matthias Dießl.

Die Managerin LAG von LEADER, Alida Lieb, konnte für diese Aufgabe gewonnen werden. Sie führt im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Befragungen und Workshops zu dem Thema durch und wird abschließend ein mögliches Konzept in ihrer schriftlichen Arbeit vorstellen.
Während der Consumenta 2018 wurde bereits eine Bürgerbefragung zu dem Thema durchgeführt. Eine schriftliche Befragung der fränkischen Wirtshäuser schloss sich an. Fragen waren etwa: Wie kann sich die fränkische Wirtshauskultur auch in Zukunft weiterentwickeln? Wer kann in welcher Form dazu beitragen? Was erwarten die Akteure voneinander?

Bei der Consumenta-Befragung stellte sich heraus, dass der Großteil der Wirtshäuser oft gar nicht bekannt ist. Außerdem ist die Funktion als Speiselokal für die Gäste viel bedeutender als die Kneipen-Funktion. Drei Viertel der Befragten gaben an, mindestens einmal im Monat ins Wirtshaus zu gehen. Der Mittagstisch unter der Woche ist aber kaum noch gefragt. Besonders wichtig ist den Kunden: Regionalität und ein guter Geschmack der Speisen, freundliches Personal und eine ansprechende Dekoration. Jüngere Leute legen zudem Wert auf Events und Menüs. Unterm Strich wünschten sich die Befragten mehr Veranstaltungen in den Wirtshäusern, eine vielfältigere Auswahl auf der Speisekarte und bessere Werbung der Wirtshäuser. Jeder Zweite der Befragten würde sich mit persönlichem Engagement für die Rettung seines Stamm-Wirtshauses einsetzen. Jeder Dritte würde sich daran sogar finanziell beteiligen.

Bei der Befragung der Wirte zeichnete sich ab, dass vor allem die Familienmitglieder wichtig sind, um ein Wirtshaus führen zu können. Denn Stellen können häufig nicht mit qualifiziertem Personal besetzt werden. Bei über 50 Prozent der Befragten steht sogar eine Betriebsschließung im Raum, die Nachfolge ist bei den meisten Betrieben ungeklärt. Bei der Befragung der Wirte wurde auch festgestellt, dass das Marketing noch verbessert werden könnte: Viele Wirtshäuser machen gar keine Werbung. Die Wirte wünschen sich mehr öffentliche Veranstaltungen in ihren Lokalen sowie eine Senkung der Gewerbesteuer sowie der Abwasserkosten.

Eine Recherche Ende 2018 ergab, dass es derzeit noch rund 70 fränkische Wirtshäuser im Landkreis Fürth gibt, jedoch mit stark sinkender Tendenz der reinen Schankwirtschaften. Einige Studien zur bayerischen und auch österreichischen Wirtshauskultur gibt es bereits. Allerdings finden sich darin kaum Lösungsansätze, so dass dem Projekt im Landkreis Fürth durchaus ein gewisser Modellcharakter zukommt.

Bei dem Workshop in Wachendorf informierten sich die Teilnehmer zunächst über die Ergebnisse der bisherigen Recherchearbeit und Umfragen. Anschließend konnte sich jeder bei einem World Café in der Konzept- und Projektarbeit einbringen. Etliche gemeinsame Lösungsansätze und Ideen gefunden. Diese werden nun ebenfalls in die Masterarbeit von Alida Lieb einfließen. Die Arbeit soll im März der Öffentlichkeit präsentiert werden.

„Die Resonanz der verschiedenen Akteure ist durchweg positiv. Der Bedarf, das Thema genauer zu untersuchen, wird von allen Seiten gesehen”, sagte die LAG-Managerin Alida Lieb, die den halbtägigen Workshop leitete.
Sie haben eine Projektidee zur „Fränkischen Wirtshauskultur“ oder wollen sich anderweitig einbringen oder informiert werden? Wenden Sie sich gerne an unsere LAG-Managerin Alida Lieb (leader@lra-fue.bayern.de oder 0911-9773-1030).